Der Schwarzwaldverein steht heute zwischen Tradition und Moderne
Der Schwarzwaldverein steht zweifelsohne vor der großen Herausforderung, Tradition mit modernen Ansprüchen zu vereinen. Der Verein hat eine lange Geschichte und ist eng mit dem Naturschutz und der Förderung der Schwarzwaldkultur verbunden ist. Traditionelle Aktivitäten wie das Wandern, das Brauchtum und die Pflege der Schwarzwaldlandschaft werden nach wie vor von vielen Mitgliedern geschätzt und gelebt.
Gleichzeitig entwickelt sich jedoch die Gesellschaft weiter und moderne Freizeitaktivitäten und Trends prägen die Interessen der Menschen. Es sind dabei nicht nur die Bedürfnisse und Wünsche der Mitglieder, sondern verändertes Freizeitverhalten, Individualisierung und die Beantwortung der Frage, wofür der Schwarzwaldverein im 21. Jahrhundert steht.
Der Schwarzwald im 19. Jahrhundert
Der Schwarzwald war im 19. Jahrhundert alles andere als eine Idylle: Wohlhabende Großbauern, deren stattliche Höfe heute das historische Bild vom Schwarzwald prägen, stellten nur eine Minderheit dar. Bevölkerungswachstum, Missernten, Erbteilung und eine Reihe anderer Faktoren hatten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Versorgung der Schwarzwälder mit dem Lebensnotwendigsten immer schwieriger werden lassen. Wohl betrieb jeder, der noch so kleinen Grundbesitz hatte, Landwirtschaft. Noch die schlechtesten Böden und kleinsten Parzellen wurden bewirtschaftet. Möglichkeiten des Nebenverdienstes gab es durch Tagelohn, Tätigkeiten im Handwerk oder Arbeit in der Heimindustrie wie in der Uhrenfabrikation oder der Weberei, doch ließ sich damit kein Wohlstand erwerben. Mehrheitlich lebte die Bevölkerung in Armut. Indikator ist die Auswanderung nach Übersee: Abertausende verließen den Schwarzwald, weil sie in ihrer Heimat keine Zukunft mehr sahen.
Als der Freiburger Mediziner Otto Eigler 1866 am Ufer des Titisees ein Gasthaus errichten will, muss er sich längere Zeit mit den Gemeindevätern auseinandersetzen. Diese befürchten, dass es Ausschweifungen geben, das „Lotterleben“ Einzug halten könnte und sehen auch keinen Sinn darin, eine Gastwirtschaft in die damals „öde und menschenleere Gegend“ zu bauen.
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts setzte dann ein Entwicklungsprozess ein, der die traditionelle Lebensweise im Schwarzwald grundlegend verändern sollte: Der Erschließung durch die Eisenbahn (Ende Mai 1882 Bau der Höllentalbahn) folgten die Ansiedlung von Industriebetrieben und der Tourismus, neue Anbaumethoden steigerten die Erträge der Landwirtschaft.
Die Gründung des Schwarzwaldvereins 1864 in Freiburg im Breisgau
In Freiburg gründeten Gastronomen und Industrielle 1864 den „Badischen Verein zum Zweck, den Schwarzwald und seine angrenzenden Gegenden besser bekannt zu machen“. Drei Jahre später wurde daraus der „Schwarzwaldverein“. Der Württembergische Schwarzwaldverein wurde am 23. November 1884 in Stuttgart gegründet. Sein Arbeitsgebiet war von Anfang an der württembergische Anteil des Schwarzwalds mit seinem Vorland bis zum Neckar. Insbesondere oblag ihm die Betreuung des 1903 eingerichteten Ostwegs von Pforzheim nach Schaffhausen, während der Mittelweg (1902) und der Westweg (1900) vom Badischen Schwarzwaldverein betreut wurden. Ein erster Versuch des Zusammenschlusses beider Vereine scheiterte im Jahre 1906 und 1934 erfolgt eine Zwangsvereinigung nach einer Anordnung des Reichswanderführers, nach der in jedem Landschaftsgebiet nur ein Wanderverein bestehen dürfe.
1906 wird für die touristische Arbeit eine eigene Organisation gegründet, deren Nachfolgeorganisation die heutige Schwarzwald Tourismus GmbH ist.
Am 18. August 1884 wurde die Sektion Müllheim als 6. Ortsgruppe des Schwarzwaldvereins gegründet
Zunächst war es ein Verein von Industriellen und Gastwirten, der am 8. Juni 1864 gebildet wurde, "um den Schwarzwald und die angrenzende Gegend immer bekannter und dem Publikum zugänglicher zu machen" und der von Anfang an von den Gemeinden finanziell und ideell tatkräftig unterstützt wurde.
Im 19. Jahrhundert wird das Wandern populär
Von den Badeorten aus brechen die Touristen in den Schwarzwald auf. Dank der Glas- und Uhrenträger finden sie gangbare Wege und auch Gasthäuser. Bald erkennen findige Bürger vor Ort, dass der Fremdenverkehr eine Zukunftsbranche ist. 1864 gründen Freiburger Fabrikanten und Wirte den späteren Schwarzwaldverein. Der Verein errichtet Aussichtstürme und Schutzhütten, markiert Wanderwege und gibt Wanderkarten und Reiseliteratur heraus. Viele Gemeinden bemühten sich, für auswärtige Besucher attraktiver zu werden. In Schwung kommt der Fremdenverkehr im Schwarzwald allerdings erst mit dem Ausbau der Verkehrswege - vor allem der Eisenbahnstrecken wie der Kinzigtal- und der Höllentalbahn. Nun kann man den Schwarzwald zwar bequem bereisen, doch noch zieht er nicht die Massen an. Viele fahren weiter in die nah gelegenen Alpen - allen Bemühungen des Schwarzwaldvereins zum Trotz.
Schwarzwaldverein im 20. Jahrhundert
Die Zielstellung der Gründerväter 1864 war „den Schwarzwald und seine angrenzenden Gegenden besser bekannt zu machen“. Es bildeten sich in der Folge Ortsvereine, die Erschließung des Schwarzwalds mit Wanderwegen, Hütten und Beschilderungen setzte dieses Leitmotiv konsequent um. Bereits um den Jahrhundertwechsel 1900 war der Schwarzwald kartiert, Wanderwege waren angelegt und beschildert, der Westweg als erster Fernwanderweg in Deutschland angelegt. 1903 kam der Ostweg hinzu nach Schaffhausen und der Mittelweg nach Waldshut.
Während des 1. Weltkrieges ruhte die Tätigkeit des Vereins weitestgehend.
Die beiden Schwarzwaldvereine (Badischer Schwarzwaldverein und Württembergischer Schwarzwaldverein) wurden 1934 zwangsfusioniert. Der Verein wurde 1933 wie alle anderen Vereine und Verbände in Hitler-Deutschland gleichgeschaltet. NS-Treue an der Spitze war Bedingung, um als Verein weiterbestehen zu können. Der Umgang des Vereins mit jüdischen und regimekritischen Mitgliedern ist völlig unbekannt, zumal sie in der Regel den Ortsgruppen angehörten. Der Verein bekam von den französischen Besatzern 1945 schnell die Wiederzulassung.
Der Schwarzwaldverein hatte 1989 92.450 Mitglieder in 238 Orts- und 62 Jugendgruppen. In den frühen 1990er Jahren erfolgt die Anerkennung des Schwarzwaldvereins als Naturschutzverband nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz. Der Schwarzwaldverein startete 2016 den Zukunftsprozess „Schwarzwaldverein 2030“ und veranstaltete im Herbst des Jahres fünf Regionalkonferenzen.