Der Hochblauen
Egal zu welcher Jahreszeit, der Blauen bietet praktisch alles: Fernblicke bis in das 200 km entfernte Berner Oberland, Sonne pur, während im Tal die Nebelbänke hängen, Blick in die Basler Bucht, den Elsaß und die Rheinebene, klirrenden Frost im Winter mit schneeverhangenen Bäumen, klare Luft in den Morgenstunden und sehnsuchtsvolle Sonnenuntergänge.
Und es zieht sie alle hoch auf den Berg: Motorradfahrer, Wanderer und Spaziergänger, MTB-Fahrer, Radrennfahrer, Autofahrer, Gleitschirmflieger und Paragleiter, Trail-Runner, Touristen, Einheimische und alle, die ich nicht aufzählte, natürlich auch. Und alle sind in irgendeiner Weiser ergriffen, genießen das Panorama, die Sonne, gelegentlich die Stille und an manchen Tagen hatte ich den Gipfel schon ganz für mich alleine.
Da oben gibt es eigentlich keinen richtigen Gipfel, sondern eher ein Plateau, da, wo der Stahlgitterturm des Schwarzwaldvereins steht. Von der Plattform aus sind bei Normalsicht der Belchen, der Zeller Blauen, Grand Ballon, Breisach, Basel, Freiburg und Mulhouse, die Rauchsäule des schweizerischen Atomkraftwerks Leibstadt, die bei Inversionswetterlagen die Nebeldecke durchstößt, das schweizerische und das französische Jura und vieles mehr auszumachen. Der Flugverkehr auf dem Flugplatz Basel-Mulhouse-Freiburg, der Grauschleier im Rheintal, in dem sich Industrie- und Verkehrsabgase, Pollen und Stäube aller Art bis in eine Höhe von 700 m hartnäckig zwischen den beiden Gebirgsketten eingezwängt halten.
Obwohl das Restaurant des Blauenhauses nunmehr seit zwei Jahren wieder geschlossen ist, es treibt dennoch immer wieder Besucher auf diesen Berg. Und das ist nicht erst seit heute so, schon vor mehr als 150 Jahren war der Blauen begehrenswert.
Diese unterschiedlichen Gesichter des Blauen wie seine sehr abwechslungsreiche Geschichte sind auf dieser Seite dargestellt und werden ergänzt. Gerne nehmen wir alte Fotografien oder Postkarten, Anekdoten und Geschichten auf, wenn Sie uns welche zur Verfügung stellen.
Karlfried Kunz, Fachbereich Wege
Aussichtsturm auf dem Hochblauen: der Blauenturm
Der 1165 Meter hohe Hochblauen im Südschwarzwald ist ein beliebter Aussichtspunkt. Aus der Ferne ist der Blauen vor allem durch seinen Sendeturm zu erkennen. Es gibt viele Wanderwege, die zum Gipfel führen und vom Blauen hat man einen tollen Blick über das Dreiländereck. Bei klaren Sichtverhältnissen (z. B. bei Inversionswetterlagen) reicht der Blick bis in die Schweizer Alpen.
Der Blauenturm oder Hochblauenturm des Schwarzwaldvereins wurde 1895 anstelle eines etwas niedrigeren Holzturms aus dem Jahr 1875 als Aussichtsturm errichtet. Die Herstellung des Stahlfachwerkturms übernahm wie auch beim ähnlichen Roßkopfturm die Freiburger Fa. Ph. Ant. Fauler. Am 30. August 1895 wurde er eingeweiht und 1984 mit finanzieller Unterstützung der Bundespost grundlegend restauriert. Der ursprünglich 14 Meter hohe Turm hat heute mit Antenne eine Gesamthöhe von 21 Metern. 1950, 1985 und im Sommer 2016 wurde der Turm renoviert. Zuletzt wurden unter anderem die Holzbeläge auf den Stufen und Plattformen durch Eisengitter ersetzt, seit 6. Oktober 2016 ist er wieder zugänglich.
1895: Der Aussichtsturm auf dem Hochblauen
Kanonenschläge, festlich gekleidete Menschen, die Müllheimer Dragonerkapelle und ein mit Girlanden und Flaggen geschmückter Turm. So etwa müssen wir uns die Einweihungsfeier des beliebten Aussichtsturms auf dem Hochblauen am 30. August 1895 vorstellen. Der bereits bestehende, komplett aus Holz gefertigte Turm aus dem Jahr 1875 wurde damals durch ein höheres und weniger pflegeintensives Bauwerk ersetzt. Der neue Turm wurde als reiner Stahlfachwerkturm mit einer Höhe von 14 Metern von der Freiburger Firma Fauler errichtet.
Wer die oberste Plattform erklommen hat, wird mit einer traumhaften Aussicht belohnt: auf den Schwarzwald, den Kaiserstuhl, die Vogesen und bei guter Sicht die Schweizer Alpen. Der Blauen als Hausberg des Markgräflerlandes liegt auf 1.165 Metern Höhe.
"Unter Vorantritt der Mülhauser Dragonerkapelle zog die Festversammlung vom Kurhotel zum Turme, der mit Flaggen und Guirlanden prächtig geziert war. Unter dem Donner der Geschütze erstieg der ehrwürdige Präsident des Schwarzwaldvereins, Herr Hofrat Behaghel, die erste Etage des Turmes und grüßte die Versammlung, wobei er seiner großen Freude über das Gelingen des schönen Werkes Ausdruck verlieh und den Turm der Fürsorge der Sektion Müllheim übergab. Der Vorstand dieser Sektion, Oberamtmann Freiherr v. Krafft-Ebing, ergriff das Wort zur Festrede mir dem Gruß des Blauenturms: "E fründli Gottwilche e jedwedem Stand Une urdütsche Grueß wir use ins Land."
“Die Rede schloß unter brausendem Jubel mit einem Hoch auf Se. Majestät Kaiser Wilhelm und Se. Kgl. Hoheit Großherzog Friedrich von Baden. Nach beendetem Mahle, an dem sich etwa 100 Festgäste beteiligten, verfügte man sich vor das Kurhotel, wo eine vielhundertköpfige Menge von Bewohnern der Umgebung und von Badegästen aus Badenweiler durcheinanderwogten und den Klängen der Dragonerkapelle lauschten. Später gabs noch ein Tänzchen und allerlei Kurzweil bis bei einbrechender Dunkelheil eine bengalische Beleuchtung des Turmes das Programm abschloß.”
Kurgäste in Badenweiler ließen sich von Eseln auf den Blauen tragen. einen Forstweg von Badenweiler zum Blauen hatte 1867/68 Bezirksförster Schuberg, Leiter der Großherzoglichen Bezirksforsterei in Oberweiler, gebaut, die spätere L 140.
Der Blauen heute
Er ist ein beliebtes Ziel für Wanderer, Mountainbiker und Gleitschirmflieger. Jung und Alt fahren auf der Hochblauenstraße auf den Berg, um das überwältigende Panorama vom Blauenturm aus zu genießen, insgesamt 20 000 bis 30 000 Besucher im Jahr. Das zwischenzeitlich geschlossene Gasthaus wird als Berghotel Hochblauen bald wieder öffnen. Gut für das Traditionshaus, das Xaver Stehlin 1875 erbaut hat, und in dem über vier Generationen im Familienbetrieb bewirtet wurde.
Grundlegende Sanierungen des Turms fanden in den Jahren 1950 und 1984 statt. 1985 wurde der Fernmeldesender Blauen aufgestellt. Auch der Blauenturm erhielt eine Antenne und erreicht damit eine Gesamthöhe von 21 Metern. 2016 wurden die Holzbeläge auf den Stufen und Plattformen durch Eisengitter ersetzt, sie machen den Aufstieg bei jedem Wetter sicher. Helferinnen und Helfer des Schwarzwaldvereins Müllheim-Badenweiler pflegen Turm und Umgebung rund ums Jahr. Daher danken wir allen Besuchern für eine kleine Spende beim Aufstieg.
Eine kleine Chronik zum Berghaus Hochblauen
Am Anfang stand der Boom des Schwarzwaldtourismus
"Oben ist so viel Buschwerk, dass man keinen umfassenden Blick gewinnen kann. Es soll aber ein neuer Fahrweg hinauf, so wie oben Schutzhaus u. Aussichtsthurm gebaut werden", prophezeit Dr. G. von Seydlitz in seinem 1870 erschienenen "Neuen Wegweiser durch den Schwarzwald", bei der Beschreibung einer Wandertour von Badenweiler nach Schopfheim. Wenige Jahre zuvor war mit der Gründung des Schwarzwaldvereins der Tourismus im südwestlichsten deutschen Mittelgebirge in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
In die Vereinssatzung vom 21. November 1867 ausdrücklich aufgenommen wurde unter anderem "die gemeinschaftliche Anschaffung und Anfertigung von bildlichen Darstellungen der Landschaften und interessanten Punkte, sei es durch Photographien, Lithographien oder Stahlstiche". Die Initiative zur Vereinsgründung war von einer Gruppe von 66 Gastwirten und Unternehmern ausgegangen, die sich erstmals am 8. Juni 1864 im Renzschen Felsenkeller in Freiburg getroffen hatten. Dort hatte man überlegt, "wie man den Schwarzwald und die angrenzenden Gegenden immer bekannter und dem Publikum zugänglicher machen" könnte.
Auf Eselsrücken bergan
Der Blauengipfel faszinierte als Ausflugsziel die Kurgäste in Badenweiler immer schon, denn von dort oben konnte man durch Wald und Buschwerk bei günstigen Witterungsverhältnissen die Alpenkette bewundern. Auch Seydlitz wusste davon: "Was man vom Gipfel sieht, ist recht schön", findet er. Vor dem Ausbau der Straße im Jahr 1864 war es allerdings mühsam, auf alten Saumpfaden und Köhlerwegen den Gipfel zu erklimmen. Deswegen florierte zu jener Zeit in Badenweiler die Eselhalterei. Die trittsicheren Tiere transportierten die abenteuerlustigen Gäste bis ganz hinauf und wieder hinunter. Damit das alles unfallfrei funktionierte, wurden sie von einem "Eselstupfer" begleitet, der seinem Vierbeiner auch gut zuredete, wenn dieser anderer Meinung war als sein Reiter. Dieser Erwerbszweig eines großen Teils der Badenweiler Bevölkerung lebt noch in der Tradition der Fasnachtsclique "Eselstupfer" weiter. Den Gästen wurden zudem Trinkkuren mit Eselsmilch offeriert, die damals als Zaubermittel für Gesundheit und Schönheit galt.
Die Erfolgsgeschichte beginnt mit einer menschlichen Notlage
Die neue Fahrstraße brachte Leben auf den BlauengipfeL Bald baute ein Wirt aus Marzell ein Hüttchen, in dem er die Ausflügler bewirtete. Doch musste er das Projekt bald einstellen, weil es zu sehr vom Wetter abhing. Die goldenen Jahre des Blauenhauses begannen mit einer menschlichen Notlage: Der Soldat Xaver Stehlin aus Kenzingen kam schwer verletzt aus dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 nach Hause. Die Ärzte rieten ihm, seine Leiden in einem Höhengebiet auszukurieren. So beschloss er, auf dem Blauengipfel eine Wohnstatt zu bauen. Arm an Mitteln, jedoch reich an Mut und Gottvertrauen begann er mit Hilfe einiger Verwandten und treuer Freunde im Herbst 1874 sein schwieriges Werk, nachdem er im Oktober 1874 das nötige Baugelände auf der Spitze des Blauens von der Gemeinde Obereggenen erworben hatte", erinnert sich Albert Baier aus Sulzburg, Nachfahre einer Eselstupfer-Familie aus Badenweiler. Am 1. Mai 1875 konnte Richtfest gefeiert werden und am 23. Juni war das Haus bezugsfertig. Es handelte sich, wie auf alten Postkarten zu sehen ist, um den Gebäudeteil, dessen First in Ost-West-Richtung verläuft. Baier berichtet auch in seiner Rückschau aus dem Jahr 1980 von den großen Schwierigkeiten, Wasser und Baustoffe auf den Gipfel zu schaffen. Als Baumaterial wurden Bruchsteine aus den vor Ort vorhandenen Felsen gewonnen, das originale Mauerwerk wurde jetzt bei den jüngsten Renovierungsarbeiten wieder freigelegt. Bauholz wurde ebenfalls direkt an der Baustelle geschlagen.
Beginn einer langen Familientradition
Stehlin blieb nicht einsam auf seinem Berg. Im Mai 1875 heiratete er das Fräulein Amalie Tschamber aus Sehringen, die mit ihm kurz darauf in das neue Haus einzog. Bald spielten auch fünf Kinder auf dem BlauengipfeL Zwei von ihnen starben im Kindesalter, die Töchter Frieda und Anna blieben bei den Eltern und halfen, die Wirtschaft am Laufen zu halten. Sohn Hermann baute später das Schwarzwaldhotel in Badenweiler. Der Schwarzwaldtourismus boomte in jenen Jahren. Allerorts wurden Sektionen des Schwarzwaldvereins gegründet. Das bescheidene Gasthaus auf dem Berggipfel wurde bald zu klein. 1889/1890 bauten die Stehlins an. Der neue Gebäudeteil war nun in Nord-Südrichtung ausgerichtet und ein Stockwerk höhe als das alte Haus. Seither kennt man das Blauenhaus in diesem prägnanten gewinkelten Erscheinungsbild, das damals auch auf unzähligen Postkarten abgebildet war.
Ein Aussichtsturm muss her
Zum gleichen Zeitpunkt entstand auf der Anhöhe weiter nördlich der erste Aussichtsturm, ein Holzgestell, über das drei steile Treppen hinauf auf eine quadratische Plattform führten.
Jetzt war die Alpensicht perfekt und auch Jura, Vogesen und Schwarzwald boten herrliche Panoramen ringsum.
Schneemassen, Winterstürme und die extremen Wetterverhältnisse setzten dem Bauwerk jedoch so zu, dass sich die noch junge Ortsgruppe Badenweiler des Schwarzwaldvereins 1895 entschloss, einen höheren Turm, diesmal in Eisenkonstruktion, zu bauen. Dieser Turm hat heute noch Bestand,lediglich die alten Holzstufen wurden vor wenigen Jahren durch Stufen aus Eisengitter ersetzt. Jetzt strömte das Publikum in Scharen. Bei schönem Wetter wirteten die Stehlins mangels einer Terrasse draußen am "Wäldele", wie sie die Gartenwirtschaft an der letzten Kurve der Blauenstraße liebevoll nannten. Da die Stehlins dauerhaft auf dem Blauen wohnten und im Winter oft tagelang eingeschneit waren, war
die Selbstversorgung unerlässlich. Für die Stallungen von Pferden, Kühen und Schweinen baute Xaver Stehlin 1898 ein großes Wirtschaftsgebäude, das heute ebenfalls noch an seinem Platz steht. Darin konnten auch Gastställe, Remisen und weitere Wirtschaftsräume untergebracht werden, wie Albert Baier vermerkt. Die Baukosten dieser Anlage schlugen mit stolzen 34.000 Mark zu Buche, weiß Baier. 1898 wurde auch eine Pumpanlage fertig, die die aufwändigen Wasserfuhren zum Blauenhaus ersetzte. Stehlins Tochter Frieda heiratete am 28. April 1903 den Gastronomen Fritz Haas aus Oberweiler. Stehlin übergab im Sommer 1905 den Betrieb an seinen Schwiegersohn, blieb aber bis ins hohe Alter rund ums Haus tätig. Im Herbst 1923 starb er 82-jährig.
Auf dem Blauen geht das elektrische Licht an
1925 gab es eine weitere Erleichterung für die Betreiber des Blauenhauses: Mit dem Bau einer Stromleitung von Marzell auf den Blauengipfel hielt die Elektrizität Einzug. Die Aufwendungen für die moderne Hausinstallation beziffert Baier mit 45.000 Mark. Am 29. Juni 1925 ging auf dem Blauengipfel erstmals das elektrische Licht an. Der alte Benzinmotor der Pumpenanlage konnte durch einen Elektromotor ersetzt
werden. 1933 verstarb der zweite Blauenwirt Fritz Haas im Alter von nur 63 Jahren. Seine Frau Frieda führte mit eiserner Energie den Betrieb weiter, sie wurde bald unterstützt von ihrem Sohn Fritz. Als dieser 1938 Hilde Schwoll heiratete, übernahm die neue Generation der Gründerfamilie das Ruder. Das Ehepaar konnte den Betrieb des Berghauses auch über die schweren Zeiten des Zweiten Weltkriegs retten. Als Fritz Haas junior zum Kriegsdienst eingezogen wurde, harrte seine Frau mit den beiden kleinen Söhnen auf dem Blauen aus. Im Spätjahr 1945 kam Haas aus der Gefangenschaft zurück und der Betrieb wurde in bescheidenem Rahmen wieder aufgenommen. 1950 bis 1952 wurde renoviert, in den Zimmern
gab es nun fließendes kaltes und warmes Wasser. 1958 brachte eine Zentralheizung neue Bequemlichkeit.
Der Blauen blieb ein Besuchermagnet
1965/66 baute man einen großen Nebenraum mit weitläufigen Terrassen auf der Süd- und Ostseite des Hauses an. Nach dem Tod von Hilde Haas im Jahr 1975 übernahm der jüngste Sohn Günther den Betrieb, den er dann zusammen mit seiner Frau Elke bis zum Verkauf des Anwesens nach der Jahrtausendwende führte.
Dorothee Philipp